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8, Der höhere Realismus bei Cervantes.
Und der sagenhafte Kampf gegen die Windmühlen

Sein Schelmenroman "Don Quijote de la Mancha" (erster Teil 1605, zweiter 1615) sollte eine Satire auf die damals populäre Ritter-Romane werden. Cervantes (1547 – 1616) wollte sich über die wilden Kerle lustig machen, die eine Schlägerei oder gar Schlacht nach der anderen gewinnen und Edel-Damen-Herzen mordend durch die spanische Pampa ziehen. So ist denn auch sein Quijote mager und klapprig wie sein Pferd Rosinante, sein Gehilfe Sancho Panza dumm. Er ist das Gegenteil von einem Siegertyp. Er wird ständig verprügelt, landet in Jauchegruben und seine hochverehrte Angebetete ist eine Dienstmagd.

Umso bemerkenswerter, dass von den vielen Ritter-Romanen, der damaligen Zeit, ausgerechnet die Karikatur berühmt geworden ist. Ahnten denn die Leser immer schon, dass hinter dem Spott noch etwas Wichtiges steckt? Vermutlich. Denn der Kampf des Ritters gegen die Windmühlen – ein für mich herzzerreißend traurig-schönes Bild – beschreibt eine höhere Realität. Nämlich die der menschlichen Dummheit. Kein Wunder, dass viele europäische Sprachen den Ausdruck für sinnlose Kämpfe angeeignet haben (auch die ungarische).

Andererseits wissen wir nicht, was der verehrte Autor dabei gedacht hat (als wenn das wichtig wär'). Ob er überhaupt etwas gedacht hat, oder es eine Eingebung war, womit die Phantasie die Anstrengungen des Autors belohnt? Einerlei. In jedem Fall: Glück für alle verständigen Leser.
Zudem zeigt der siegreiche Kampf des Don Quijote della Mancha: Wie angenehm fürs Intellekt des Lesers ist, wenn die in phantastischem Kostüm gekleidete höhere Realität vor lebensnahen Kulissen präsentiert wird. Schließlich kann man tatsächlich zu Pferde mit der Lanze gegen Windmühlen kämpfen. Man hat sogar gute Chancen zu siegen, wenn man einigermaßen reiten kann und nicht allzu ungeschickt ist.

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